Viele von uns würden wahrscheinlich ziemlich direkt „ja, auf jeden Fall“ antworten, wenn sie gefragt würden, ob sie gerne (noch) mehr guten Sex hätten. Doch ist es wirklich so einfach? Ist generell „viel Sex gut“? Macht mehr Sex uns auch sexuell immer zufriedenener? Zumindest wenn man ihn mit anderen großartigen Dingen, wie beispielweise Pizza, vergleicht, könnte man auch auf andere Ideen kommen.
Die erste Pizza ist toll, die zweite macht einen auch noch glücklich, wenn auch etwas rund. Aber was passiert wenn wir die dritte, vierte, fünfte Pizza bekommen? Wir fühlen uns satt, wir würden gerne was anderes machen als Pizza essen – kurz: Es ist gibt eine optimale Menge an Pizza aus der Sicht der meisten Menschen. Weniger bedeutet, dass man gerne etwas mehr hätte; mehr bedeutet, dass man gerne etwas weniger hätte (die Ökonomen sehen hier das erste Gossensche Gesetz am Werk…).
Amy Muise, eine sehr aktive und innovative Forscherin über Sexualität, hat sich der Frage angenommen: Wie viel Sex bringt mehr oder sogar maximale sexuelle Zufriedenheit und wann (wenn überhaupt) ist es zu viel? Zusammen mit Ulrich Schimmack und Emily Impett hat sie ihre Ergebnisse in der Studie Sexual Frequency Predicts Greater Well-Being, But More is Not Always Better zu Papier gebracht.
Kurz und knapp
Die Zahlen sprechen eine klare Sprache:
- Paare, die seltener als einmal die Woche Sex haben, sind deutlich und zunehmend unzufriedener je seltener sie Sex haben.
- Paare, die einmal die Woche oder häufiger Sex haben, zeigen bei noch häufigerem Sex nur noch einen geringen Anstieg der sexuellen Zufriedenheit.
Die Studie
Amy und ihre Crew wollten sichergehen und haben nicht eine, sondern gleich drei Untersuchungen in einer Studie veröffentlicht. Sie haben sich an bestehenden Umfragedaten bedient und die „General Social Survey“ (GSS) mit über 25000 Befragten herangezogen, die im Zeitverlauf über einige Jahre begleitet wurden. Das war ihnen noch nicht genug, weshalb sie auch eine eigene Befragung und Untersuchung zu weiteren Details des Sexuallebens mit 335 Befragten durchführten. Abschließend kamen ein weiteres Mal bestehende Daten zum Einsatz: 1321 Paare aus der „National Survey of Families and Households“ (NSFH) wurden für die dritte Auswertung betrachtet.
Das ist eine ganze Menge Holz und mit solchen Daten lässt sich eine Menge anfangen. Allerdings muss man auch sagen, dass die großen Fallzahlen (also Gruppen von Befragten) dazu verleiten können die ermittelten Ergebnisse schlicht als Fakten anzunehmen. Hier trügt der Schein, denn statistische Analyseverfahren erfordern trotzdem eine Menge theoretische Annahmen und auch bei einer solchen Mammutstudie kann und muss man kritisch hinschauen.
Bei aller Zurückhaltung kann man sagen: Frau Muise hat ihren Job gemacht und wirklich viele Informationen herangezogen, um sinnvolle Aussagen über die „richtige“ Häufigkeit von Sex tätigen zu können. Nun bleibt die Frage: Was hat’s gebracht?
Und was kam genau raus?
Also, es ist geklärt. Es ist wie bei Pizza (Grobe Vereinfachung, nicht ok, aber unterhaltsam!). Mehr Sex macht einen nicht einfach linear sexuell immer zufriedener. Dagegen ist eher von einer Kurve der Zufriedenheit auszugehen, die flacher wird. Zwar haben Amy Muise und ihr Team keine Hinweise für „zu viel Sex“ gefunden, aber der ganze weitere Sex über einmal pro Woche macht auch nicht immer noch zufriedener.
Ist mehr Sex als einmal pro Woche also einfach egal und man kann es auch lassen? Nein. Das wäre viel zu viel gesagt. Sexuelle Zufriedenheit ist ein umfangreiches Konzept, dass viele Faktoren individuell durchaus unterschiedlich berücksichtigt. Für einen ist viel Sex das Maß der Dinge, für die andere ist es zentral viele Orgasmen zu haben, wieder ein anderer ist nur glücklich, wenn ganz bestimmte Sexpraktiken gemacht werden. Ob also jemand mit 5mal Sex pro Woche zufriedener ist als jemand mit 1mal Sex pro Woche, hängt von vielem ab. Vielleicht ist der Sex ja zum Beispiel richtig gut und man macht es deshalb immer wieder…
Was bleibt bei all den individuellen Faktoren dann an Erkenntnis übrig? Die Häufigkeit von Sex wird vor allem dann entscheidend für die sexuelle Zufriedenheit, wenn man zu wenig davon hat. Das tut weh. Ob man dann genug, viel, oder absurd viel Sex hat, ist eher ein Luxusproblem und gibt nur im Gesamtkontext Hinweise über die genaue sexuelle Zufriedenheit.
Foto: Africa-Studio / shutterstock.com
0 Comments